„Inmitten dunkler Waldespracht, von Bergen rings umgeben, lag einst ein Weiher, tief und blau, den Fisch und Wild beleben.“ So lautet die erste Strophe der Sage um die Entstehung des Ortes Weyer und viele Schulkinder mussten sie im Laufe der Jahre auswendig lernen und aufsagen – zumindest war das bei uns früher so.
Weyer hat eine lange, spannende und beeindruckende Geschichte. Einen Eindruck vom „Güldenen Märktl“, wie der Ort auch genannt wurde, gewinnt man, indem man die historischen Gebäude am Marktplatz und (mit ein wenig Glück) die Innenhöfe auf sich wirken lässt und von kundigen Einheimischen die eine oder andere Hintergrundinformation bekommt.
Weyer florierte besonders im 15. und 16. Jahrhundert und verdankte seinen Reichtum dem Eisenhandel und Hammerwesen. Nach schwierigen Zeiten, z.B. der Plünderung durch eine türkische Streifschar (1532) oder des Niedergangs des Eisenwesens, schaffte der Ort einen neuerlichen Aufschwung durch den Tourismus. 1872 erfolgte der Anschluss an das Eisenbahnnetz und mit der Kronprinz-Rudolf-Bahn kamen gut betuchte Bürger*innen zur Sommerfrische. Weyer zählte um die Jahrhundertwende (bis zum 1. Weltkrieg) zu den bedeutendsten Fremdenverkehrsorten Oberösterreichs.
Knüpfen wir daher beim Tourismus an und beginnen den fotografischen Rundgang beim Hotel Post, dessen Gebäudekern auf die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zurückgeht. Später wurde es als Gasthaus und schließlich als Hotel geführt. Um 1900 wurde es umgebaut und erhielt sein heutiges Aussehen: ein weiteres Stockwerk, einen Eckturm mit Balkon sowie das Holzfachwerk. Geführt wurde es von Josef Bachbauer und nach dessen Tod von seiner Witwe. Ab 1912 übernahm der Sohn Josef Bachbauer jun. die Leitung.
Die erste Fotografie zeigt das Hotel Post vom Unteren Markt kommend (B121). Das Foto wurde vermutlich an einem Feiertag geschossen, da Fahnen zu sehen sind (auch an dem Gebäude gegenüber, in dem bis 1900 das Postamt untergebracht war). Man sieht auf der Fassade keine Aufschrift – auf manchen Ansichtskarten stand Hotel Bachbauer oder Hotel Post – das Hotel war übrigens ein sehr beliebtes Motiv.
Für die zeitliche Einordnung hilft der Dürnbach, der hier rechts im Bild noch zu sehen ist. Im Jahr 1930 kam es zur Überbrückung, sodass die Straße nun breiter ist und links ein Gehsteig samt Parkstreifen Platz gefunden hat.
Die zweite Aufnahme vom Hotel Post wurde vom Fuße des Kirchenbergs aus gemacht (links neben der Mauer befindet sich der Pfarrhof) – ebenfalls ein gängiges Postkartenmotiv. Man sieht auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Alte Post, das Haus Kleindl (Kaufhaus) sowie das ehemalige Brauhaus-Bierdepot (Anton Dreher). Im Hintergrund erkennt man den Turm der Marktkapelle.
Wechseln wir nun zum Marktplatz. Die folgende Fotografie wurde am Vormittag aufgenommen (Schatten) – aber in welchem Jahr? Man sieht kaum Menschen und keine Autos – heute unvorstellbar. Wichtige Hinweise zur zeitlichen Eingrenzung liefern wiederum datierte Ansichtskarten und das Buch „Weyer in alten Ansichten“. Ein Bild von 1896 und eines von 1903 zeigen links vor der Marktkapelle den Löwenbrunnen und davor einen Musikpavillon. Erst ein Foto von Albert Dunkl, das 1911 gemacht wurde, zeigt den Pavillon an jener Position, die er auch auf unserer Abbildung hat. Außerdem sieht man auf der linken Seite das Rathaus, dessen Umbau 1910 fertiggestellt wurde. Daran schließen das Prevenhueber-, Panz- und Dunkel-Haus an. Anschließend kann man in die Hollensteinerstraße einbiegen und nach der Kreuzung geht es mit der Apotheke „Zum Biber“ weiter.
Im Hintergrund – dort wo die Straße nach rechts biegt – erscheint der Pfarrhof. Rechts neben der Marktkapelle befindet sich der Kompaniehof (seit jeher ein Gebäude mit einflussreichen Besitzern). Weiters erkennt man das Bezirksgericht und daneben die Sparkasse.
Der Löwenbrunnen wurde 1937 versetzt und befindet sich seither in einer Linie mit dem Biberbrunnen. Außerdem zeigen Aufnahmen von 1927 und 1929 hinter dem Löwenbrunnen ein Mauthäusl mit Schranken sowie eine Tabak Trafik. Unser Foto muss somit vorher entstanden sein.
Das nächste Foto zeigt den Biberbrunnen (Josef Gabriel Frey schuf die Figur des Bibers 1860). Dahinter das Mally-Haus (Nr. 17), das Sylesierhaus (Nr. 15) und das ehemalige Schickl-Haus (heute die Raiffeisenkasse). Näheres zu diesen Gebäuden findet man in Adolf Brunnthalers „Weyer“ – einem Buch mit vielen interessanten Details.
Abschließend möchte ich mich sehr herzlich bei unseren Nachbarn bedanken, die diese Glasnegative gerettet haben.
Quellen:
Brunnthaler, Adolf: Weyer. Weishaupt Verlag, Gnas. 2009.
Flößerverein Taverne, Kastenreith (Hrg.): Weyer in alten Ansichten. StummerDruck, Waidhofen an der Ybbs. 1979.
ÖNB/AKON Ansichtskarten Online. Unter: https://akon.onb.ac.at