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Österreichische Automobilgeschichte bei der Ennstal Classic

 

"Als die Autos laufen lernten" stellte das Motto dieser Präsentation einzigartiger Zeitzeugen dar, die von fahr(T)traum, den Ferdinand Porsche Erlebniswelten, ermöglicht wurde. Die Zuschauer konnten die Automobile aus der Nähe betrachten und erhielten wertvolle Informationen. Das älteste Fahrzeug war der Marcus-Wagen. Siegfried Marcus entwickelte den ersten mobilen Viertakt-Benzinmotor der Welt (1870). Das Fahrgestell wurde aus Eichenholz gefertigt und erinnert eher an eine Kutsche. 

 

Der nächste Wagen war ein Lohner-Porsche 1901 (von Ludwig Lohner und Ferdinand Porsche entwickelt), der über einen elektrischen Antrieb verfügte. Was den einen oder anderen Oldtimerfan vielleicht verwundern könnte ist, dass am Beginn des 20. Jahrhunderts elektrobetriebene Fahrzeuge keine Seltenheit waren, denn sie hatten einige Vorteile. Man konnte sie einfacher bedienen als benzinbetriebene Modelle, die erst mühsam angekurbelt werden mussten, und auch Gestank sowie ohrenbetäubender Lärm entfielen. Einen wesentlichen Nachteil gab es jedoch: die 42-zelligen Bleiakkumulatoren hatten ein hohes Gewicht und deshalb konnte sich der Elektroantrieb am Markt nicht so gut behaupten. Eine Lösung lieferte kurze Zeit später der Lohner-Porsche Mixte. Ein Benzin-Motor trieb einen Generator an und dieser wiederum versorgte die Radnaben-Motoren mit elektrischer Energie - der Hybridantrieb war geboren.

Die Lohner-Werke befanden sich in Wien- Donaustadt und nach erfolgreicher Zusammenarbeit mit Ferdinand Porsche kam es 1906 aufgrund eines Rechtsstreits dennoch zum Ende derselben. Der Konstrukteur und Erfinder hatte sich aber bereits einen guten Namen gemacht, sodass er bei Austro-Daimler den Posten als technischer Direktor und Chefkonstrukteur angeboten bekam. So ist es zu erklären, dass Porsche auch beim nächsten Automobil, dem Prinz-Heinrich Wagen 1910, seine Finger im Spiel hatte. Gemeinsam mit Ingenieur Otto Köhler verbesserte Ferdinand Porsche den bereits bestehenden MAJA-Wagen. Sie nahmen dann an der Prinz-Heinrich Fahrt teil und bewältigten die Strecke strafpunktefrei, befanden sich aber nicht im Spitzenfeld, da sie zu langsam waren. Das konnte der ehrgeizige Porsche nicht auf sich sitzen lassen. Ein Jahr später (1910) führte die Fahrt von Berlin über Straßburg nach Bad Homburg (knapp 2.000 km). Mit neuer aerodynamischer Fischform-Karosse und anderen technischen Neuerungen fuhr Porsche, der selbst am Steuer saß, den Sieg ein. Es war sogar ein Dreifachsieg für Austro-Daimler, sodass die Firma von nun an den Doppeladler im Markenzeichen führen durfte. Dies stellte eine besondere Auszeichnung dar und war sehr werbewirksam. Vom Prinz-Heinrich-Wagen wurden 200 Fahrzeuge verkauft, viele davon im Ausland. Namensgebend für das Fahrzeug war übrigens der deutsche Prinz Heinrich (Bruder von Kaiser Wilhelm II.), der zugleich Schirmherr des vom Kaiserlichen Automobilclub organisierten Rennens war.

 

Bei diesen Bildern haben wir auch den Austro Daimler Alpenwagen 1911, der bei der zweiten österreichischen Alpenfahrt über steile Pässe (z.B. Loiblpass, Katschberg), unbefestigte und kurvige Straßen, und durch hohe Schneemauern (am Tauernpass) erfolgreich war. Dieses Fahrzeug wurde unter der technischen Leitung von Ferdinand Porsche entwickelt und verfügte über einige neue Details, wie etwa einem perfekt balancierten Schwungrad mit Wuchtmaschine.

 

Die Alpenfahrt von 1911 setzte sich aus vier Non-Stopp-Etappen zusammen, d.h. die Tourenwagen mussten vier Tage lang über insgesamt 1.424 Kilometer ununterbrochen in Betrieb sein. Der Moter durfte vom Morgen bis zum Abend nicht abgestellt werden, denn andernfalls gab es Strafpunkte. Die (Teil-) Etappen wurden ohne Halt (Ausnahmen bildeten Mittagessen und Übernachtung) und Reparaturen zurückgelegt (nachts wurden die Fahrzeuge auf abgeschlossenen Parkplätzen bewacht, damit niemand unerlaubte Arbeiten vornehmen konnte). Die Strecke führte zunächst von Wien nach Bad Aussee, dann nach Triest und weiter nach Klagenfurt. Die letzte Etappe verlief zurück nach Wien. Das Team von Austro Daimler,  bestehend aus Ferdinand Porsche, Eduard Fischer und Heinrich Graf Schönfeld, holte sich die wichtigste Trophäe, den Teampreis.

 

Gelb lackiert präsentiert sich der Laurin & Klement Alpenwagen 1912. Von 1910 bis 1914 wurde erfolgreich an den Alpenfahrten teilgenommen.

 

Das nächste Fahrzeug ist der Sascha Rennwagen (ADS-R) 1922, benannt nach Graf Alexander "Sascha" Kolowrat-Krakowsky. Er schlug vor, einen Austro-Daimler-Kleinwagen zu bauen und finanzierte das Projekt. Porsche entwickelte den Sascha-Wagen gemeinsam mit Köhler, Rabe und Zadnik. Parallel dazu wurde eine Rennversion des Wagens geschaffen. Bei der Targa Florio, einem Rennen in Sizilien,  erreichten 1922 drei von vier gestarteten Sascha-Wagen als Klassen-Sieger das Ziel. (Um sie unterscheiden zu können, wurde neben dem Kühler jeweils ein Spielkartensymbol - Pik, Herz, Karo oder Kreuz - aufgeklebt.) Von 52 Rennen siegte der ADS-R in diesem Jahr 51 mal.

 

 

Mit dem Gräf & Stift SR4 1924 wird das nächste Automobil wieder bedeutend größer. Die Firma durfte als besondere Auszeichnung bereits seit 1908 den kaiserlichen Doppeladler im Schilde und Siegel führen. Die Fahrzeuge trugen als Kühlerfigur den Löwen (siehe Fotos). Die Firma legten größten Wert auf die Qualität ihrer Produkte und der Sohn Josef Gräf begeisterte sich außerdem für Autorennen. 1923 nahm er beim Semmering-Bergrennen teil und wurde Zweiter (hinter Hermann Rützlers Steyr). Um beim nächsten Rennen zu gewinnen, baute man einen leistungsstärkeren Wagen, der eine handgedengelte Alu-Haut aufwies. Das nächste Semmering-Rennen wurde jedoch abgesagt und so kam das Fahrzeug nie zum Einsatz. Es verstaubte stattdessen am Dachboden der Fabrik und geriet lange Zeit in Vergessenheit.

 

Endlich kommt der Steyr an die Reihe. Natürlich waren auch Automobile dieses Herstellers bei der berühmten Targa Florio erfolgreich dabei, sodass sich der begeisterte Targa-Veranstalter anschließend einen Steyr vom Typ VI Sport bestellte. Der Motor basierte noch auf der Konstruktion des Steyr Typ II von Ledwinka. Ab 1923 erzielte der Steyr VI Sport immer wieder respektable Platzierungen bei diversen Rennen (z.B. am Semmering) und so wurde die Marke bekannt. Mit 90 PS erreichten die Wagen Spitzengeschwindigkeiten zwischen 130 und 140 km/h.

 

 

Der Austro Daimler Bergmeister 1930 ist das nächste Highlight. Mit dem Fahrer Hans Stuck wollte man an frühere Erfolge anknüpfen und tatsächlich avancierte er zum absoluten Bergkönig. "Der Austro-Daimler ADR6 Bergmeister stellt die Krönung der österreichischen Automobilbaukunst dar." (Alexander Trimmel)

 

 

Mit dem sogenannten Steyr-Baby (Steyr 55) gelang der Steyr-Daimler-Puch AG nach mageren Jahren wieder ein Erfolgsmodell, das vor allem bei den Damen sehr beliebt war. Auch der Porsche 356/2 Gmünd Coupé konnte eingehend betrachtet werden. Ein paar letzte Bilder sollen einen kurzen Eindruck vermitteln.

 

 

 

Quellen:

Müller, Peter: Ferdinand Porsche: Ein Genie unserer Zeit. 3. Auflage. Leopold Stocker Verlag. Graz, 1965.

Roadbook. Das Magazin der Ennstal-Classic. 2022.

Die Pioniere Österreichischer Automobilgeschichte - Ennstal-Classic. Unter: https://www.ennstal-classic.at/de/die-pioniere-oesterreichischer-automobilgeschichte/ (abgerufen: 31.07.2022)

Lohner-Porsche - Wikipedia. Unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Lohner-Porsche (abgerufen: 30.07.2022)

Historische Rennwagen. Erlebniswelten fahr(T)raum Mattsee. Unter: https://www.fahrtraum.at/rennwagen/

Automobile. Ferdinand Porsche Erlebniswelten fahr(T)raum Mattsee. Unter: https://www.fahrtraum.at/automobile/ (abgerufen: 30.07.2022) 

Steyr VI Sport - Steyr-Register. Unter: https://steyrregister.com/steyr-vi-sport/ (abgerufen: 31.07.2022)