Die Stadt Przemysl, auch Prömsel genannt, liegt in Galizien (in der Nähe von Lemberg) und war zur Jahrhundertwende noch Teil des Habsburgerreichs. 1900 zählte sie circa 46.000 Einwohner*innen und etwa ein Fünftel der Bevölkerung gehörte dem Militär an (über 8500 Mann). Przemysl war seit 1874 zu einer starken Festung umgestaltet worden, wodurch es viele Kasernen und andere militärische Einrichtungen gab. Die Stadt wies jedoch auch im Bereich der Industrie eine Dampfmühle, eine Fabrik für Ackergeräte, eine Eisenbahnwerkstätte, usw. auf und verfügte beispielsweise über ein Kreisgericht sowie eine Finanzdirektion. Alles in allem entsteht der Eindruck einer lebendigen Stadt.
Przemysl hatte eine strategische Position. Die Stadt war an zwei Staatsbahnlinien (Kraukau-Lemberg und Przemysl-Mezö Laborcz) angeknüpft und der Handel florierte. Dennoch war vor allem die Armee ein wesentlicher Bestandteil und unter der Herrschaft der Habsburger wurden in dieser Gegend viele Militäreinheiten aufgebaut (z.B. das österreich-ungarische Korps Nr. X, das zwei Infanteriedivisionen umfasste). Da ich mich jedoch in militärischen Angelegenheiten nicht auskenne, werde ich hier nicht weiter in die Tiefe gehen. Die Bilder möchten wir aber gerne zeigen.
Dank der Beschriftung auf dem 13 x 18 cm großen Glasplattennegativ kann der Tag der Aufnahme exakt nachvollzogen werden: 12. Februar 1900. Weitere Informationen gibt es über die Gruppe: Inft. Equitation 1900. Und schließlich verewigte sich auch der Fotograf mit einem Kürzel. (Zum Begriff 'équitation' (fr) = das Reiten; in Wien gab es in der Ungargasse das K.u.K. Militär-Central-Equitations-Institut - eine Militär-Reitschule)
Dieses Foto wurde vor der Kaserne (poln. KOSZARY) in Przemysl aufgenommen und somit sind das Jahr und der Ort belegt.
Das Foto unten zeigt eine Gruppe von Soldaten, die gut gelaunt für jenen Fotografen posieren, der auch die Aufnahme der Reiter machte. (In der rechten oberen Ecke wurde etwas weggekratzt.)
Przemysl wurde 1915 während des Ersten Weltkriegs von den Russen erobert, wenig später zurückerobert und fiel nach Kriegsende an Polen. Heute stehen viele der einstigen Kasernen leer oder haben ihren ursprünglichen Zweck verloren und dennoch wirkt ihre Architektur prägend.
Quellen:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 415. Unter: http://www.zeno.org/nid/20007297394 (abgerufen am 31.01.2022)
https://przemysl.pl/51929/nie-zostaly-nawet-slady-podkow.html (abgerufen am 31.01.2022)