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Wiener Luxuswagenmanufaktur Gräf & Stift

 

Oldtimerbegeisterte werden die Marke vielleicht schon auf den ersten Blick erkannt haben. Ich musste erst stark in das Bild hineinzoomen und mir die Kühlerfigur genauer ansehen: die Statue eines aufgerichteten Löwen, dessen Vordertatzen auf eine Kugel gestützt sind. In Kombination mit dem Emblem kam ich auf die österreichische Manufaktur Gräf & Stift.

 

Gegründet wurde das Unternehmen 1896 von den Gebrüdern Gräf in Wien und bereits zwei Jahre später wurde das erste Automobil mit Vorderradantrieb hergestellt – eine Technik, die sie sich 1901 patentieren ließen. Gemeinsam mit dem Investor Wilhelm Stift entstand die öffentliche Gesellschaft Gräf & Stift.

 

Man stellte vor allem große Limousinen für äußerst zahlungskräftige Kunden mit höchsten Ansprüchen (z.B. das Kaiserhaus und die Aristokratie) und kleine Busse her. (Der Thronfolger Franz Ferdinand saß übrigens in einem Wagen von Gräf & Stift, als auf ihn 1914 in Sarajevo das Attentat verübt wurde, das Auslöser für den Ersten Weltkrieg war.)

 

Kommen wir nun zu unserer digitalisierten Fotografie. Der Gräf & Stift fährt eine Schotterstraße hinauf (Hinweisschild im Hintergrund: Mitterbach) und im Fahrzeug sitzen 17 Männer. Ich stelle mir aber die Frage, ob sie auch während der Fahrt so saßen oder nur für das Foto platziert wurden, denn es wirkt stark überladen.

Leider konnte ich den Fahrzeugtyp nicht ermitteln, interessant ist aber die Aufschrift ‚Gesellschaftsfahrten‘ auf der Seite. Die Männer tragen Trachtenanzüge, weiße Hemden, Krawatten und Mäntel – es musste schon eine ganz besondere Ausfahrt gewesen sein. Das H im Kennzeichen steht übrigens für die Steiermark.

 

Zurück zur Unternehmensgeschichte: Gräf & Stift war in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu einem renommierten Autohersteller geworden, dessen Luxuswagen sehr sorgfältig konstruiert und verarbeitet waren. Geschwindigkeiten von über 100 km/h waren möglich (wenn es die Straßen zuließen). Ebenso ging man auf individuelle Kundenwünsche ein.

 

Da sich jedoch nach dem Krieg der PKW-Bau nicht mehr so lohnte, setzte man zunehmend auf den Bau von Nutzfahrzeugen. PKWs wurden in den 1920er Jahren nur noch in kleinen Stückzahlen produziert (1938 endete die Geschichte der Gräf & Stift PKWs). Die Firma machte sich in den folgenden Jahren einen Namen als Hersteller von Autobussen und LKWs.

 

1929 fusionierte Gräf & Stift mit der Automobilfabrik Perl. Ich möchte das besonders hervorheben, weil wir auch ein Foto eines Tourenwagens der Marke Perl digitalisiert haben, das wir zu einem späteren Zeitpunkt noch vorstellen werden.

 

Heute wird zwar am alten Standort von Gräf & Stift immer noch produziert, das Unternehmen wurde jedoch bereits 1971 von MAN übernommen.

  

Quellen:

Michael Schlenger: "Vorkriegs-Klassiker-Rundschau" unter: https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog/tag/graef-stift/

(abgerufen am 25.04.2020)

Hans Seper: "Die Brüder Gräf. Geschichte der Gräf und Stiftautomobile". Verlag Welsermühl, München 1991

Gräf & Stift, Wiener Automobilfabrik unter: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Gr%C3%A4f_%26_Stift (abgerufen am 25.04.2020)